Mastodon

hier: die CDU

Peter Liese, CDUHerr Dr. Peter Liese, Abgeordneter der CDU für Südwestfalen im Europäischen Parlaments beantwortete die 9 Fragen des Fragebogens von neheim-huesten.de und spricht dabei über ein Verbot von PFT, Problemlösungen für unsere Region und vieles mehr. 

Viele Bürgerinnen und Bürger haben das Gefühl, Sie könnten ja doch nichts ändern. Warum sollten diese trotzdem am 07. Juni zur Europawahl gehen?

Bei der Europawahl geht es um sehr viel. Das Europäische Parlament hat gewaltigen Einfluss und alle Bürgerinnen und Bürger können durch ihre Stimme mitentscheiden, wie dieser Einfluss genutzt wird. Es geht um den Haushalt der Europäischen Union – viele Mittel werden auch in der Stadt Arnsberg ausgegeben. Es geht um die Kontrolle der Europäischen Kommission. Beim letzten Mal hat das Europäische Parlament zwei Kommissare abgelehnt. In einem Fall geschah dies mit einer Stimme! Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger können bei der Wahl auch über die Kommission abstimmen. Es geht um die Frage, welche Länder Europa in Zukunft beitreten sollen und es geht um wichtige Gesetzgebungsverfahren. In der Umweltpolitik, in der Wirtschaftspolitik, zum Beispiel bei dem wichtigen Thema Regulierung der Finanzmärkte, in der Forschungs- und Bildungspolitik – überall hat das Europäische Parlament das Mitentscheidungsrecht und es kann den Menschen in der Stadt Arnsberg nicht egal sein, wer sie im Europäischen Parlament vertritt.

Warum sollten die Bürgerinnen und Bürger ausgerechnete Ihre Partei wählen?

Die CDU ist die Partei der sozialen Marktwirtschaft. Wir vertreten sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerinteressen, gemeinsam haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer Deutschland nach dem Krieg aufgebaut, begleitet von einer klugen Politik der Sozialen Marktwirtschaft. Weder Sozialismus, noch das absolut freie Spiel der Kräfte, sind in dieser Krise die richtige Antwort.
Die CDU ist eine wertorientierte Partei, für uns ist Politik nicht beliebig. Wir stehen für die Menschenwürde. In der Gen- und Biotechnologie ist es sehr wichtig, dass nicht alles gemacht wird, was technisch möglich ist

Die CDU ist für Augenmaß bei der EU-Erweiterung. Es kann nicht so weitergehen, wie in den letzten Jahren. Schon der Beitritt von Rumänien und Bulgarien kam zu früh. Wir müssen jetzt ganz stark auf die Bremse treten. Für große Länder wie die Ukraine, Russland und die Türkei brauchen wir eine andere Strategie. Sie dürfen nicht Vollmitglied der Europäischen Union werden. Andere Parteien, wie die SPD, treten dagegen für die Mitgliedschaft der Türkei ein.

Was tut Ihre Partei für Europa?

Die CDU ist die Europapartei. Konrad Adenauer und Helmut Kohl waren die prägenden Figuren der deutschen und europäischen Nachkriegsgeschichte. Heute geht es darum, Europa in der Globalisierung richtig zu gestalten. Wir brauchen starke europäische Institutionen, aber die EU darf sich nicht in alles einmischen. Bürokratische Regelungen, wie das Überraschungseierverbot oder das Verbot von Salz im Brot, haben wir erfolgreich bekämpft.

Was tut Ihre Partei für die einzelnen Regionen Europas, insbesondere für das Sauerland?

Bei meiner Arbeit im Europäischen Parlament habe ich für die Menschen in der Stadt Arnsberg sehr viel erreicht. Immer wieder werde ich von Arbeitgebern und Arbeitnehmern angesprochen. Ich versuche, gemeinsam die besten Lösungen für die Probleme in unserer Region zu finden.

Einige konkrete Beispiele aus der Stadt Arnsberg:
– Vor einigen Jahren sprach mich die Firma Bastra an. Sie stellt Geräte zum Räuchern von Fleisch- und Wurstwaren her. Bastra hat ein neues, innovatives Verfahren entwickelt, das weniger gesundheitliche Probleme beim Räuchern verursacht. Durch ein deutsches Gesetz war die Firma gezwungen, für jede Metzgerei, in die sie das Gerät verkauft, eine Einzelfallgenehmigung zu beantragen. Durch eine europäische Richtlinie haben wir erreicht, dass die Technik nur einmal genehmigt wird und dann jeder Metzger sie nutzen kann.
– Die für die Stadt Arnsberg so wichtige Leuchtenindustrie hat mich aufgefordert, für eine Herausnahme aus der europäischen Elektroschrottrichtlinie zu sorgen. Es geht darum, dass alle elektronischen Geräte vom Hersteller auf eigene Kosten zurückgenommen und entsorgt werden müssen. Bei Großgeräten, wie Fernsehern und Computern, ist dies sicher richtig, aber bei Leuchten ist es schwierig, denn es gibt sehr viele kleine Unternehmen und Grauimporte aus China, so dass man den Hersteller nicht immer identifizieren kann. Zu Recht befürchteten die Sauerländer Leuchtenhersteller, dass sie für die Entsorgung von Grauimporten aus China zur Kasse gebeten werden sollten. Dies ist angesichts des enormen Konkurrenzdrucks nicht zu vertreten, darum habe ich mich für die Herausnahme aus der Richtlinie eingesetzt und wir waren gemeinsam erfolgreich.
– Erfolgreich waren wir auch bei der Bekämpfung von Produkten aus China, die den europäischen Regeln nicht entsprechen. Dies ist ein Problem für den Verbraucher, aber auch für die ehrlichen Hersteller in Deutschland, wie z. B. die Leuchtenhersteller in Arnsberg. Wir haben eine europäische Gesetzgebung durchgesetzt die festlegt, dass auch bei Importen stärker kontrolliert werden muss, ob europäische Regelungen tatsächlich eingehalten werden.
– Im letzten Jahr haben wir intensiv über den Emissionshandel gerungen. Es geht darum, durch marktwirtschaftliche Anreize klimaschädliches CO2 einzusparen. Das Prinzip ist richtig, aber der Vorschlag, der zunächst auf dem Tisch lag, wurde von der Sauerländer Industrie, z. B. der Papierindustrie, sehr stark kritisiert. Auch Unternehmen, die auf dem neuesten Stand der Technik arbeiten, hätten für ihren CO2-Ausstoss zahlen müssen. Wir haben jetzt ein System durchgesetzt, das nur diejenigen zur Kasse bittet, die nicht auf dem neuesten Stand sind. Ein Vorteil für die Umwelt, aber auch für die hochinnovativen Sauerländer Unternehmen.

In Arnsberg gab es den PFT-Skandal, d. h. das Trinkwasser, welches aus der nahegelegenden Möhnetalsperre gewonnen wurde, war verseucht. Wie möchten Sie auf europäischer Ebene solche Skandale verhindern?

Für mich ist es völlig inakzeptabel, dass man Eltern – wie in Arnsberg geschehen – raten muss, dass Trinkwasser nicht an Kinder zu geben. Da war es dringend notwendig, neue Filteranlagen einzubauen und die verseuchten Äcker zu sanieren. Die Verantwortlichen in der Stadt Arnsberg und im Hochsauerlandkreis und dem Land NRW haben schnell das Nötige getan. Aber der Skandal hat auch eine europäische Dimension. Verseuchte, sogenannte Bio-Abfall-Gemische, stammen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus den Niederlanden und Belgien. Daher mussten wir das Problem europäisch angehen und an der Wurzel packen. Gemeinsam mit Landesumweltminister Eckard Uhlenberg haben wir schon vor dem PFT-Skandal auf europäischer Ebene ein Verbot von PFT gefordert. Dieses ist zum Teil schon in Kraft getreten. Die wichtigste und gefährlichste Untersubstanz von PFT (PFOS) ist bereits verboten, die zweite große Untergruppe (PFOA) wird in den nächsten Jahren vom Markt genommen. Um Skandale mit anderen gefährlichen Substanzen zu vermeiden haben wir die europäische Chemikaliengesetzgebung REACH verabschiedet. Alle chemischen Stoffe werden systematisch auf ihr Gefahrenpotenzial hin untersucht und wenn nötig vom Markt genommen.

Arnsberg war vom Sturm Kyrill und vom Hochwasser in den letzten Jahren sehr getroffen. Wie wollen Sie auf europäischer Ebene diese Katastrophen verhindern bzw. begrenzen?

Kyrill war die größte Katastrophe, die unsere Region Südwestfalen seit dem Zweiten Weltkrieg heimgesucht hat. Als Europaabgeordneter habe ich mich sofort mit dem Katastrophenzentrum in Obereimer in Verbindung gesetzt und meine Hilfe angeboten. Wichtig war aus Sicht der Betroffenen der Kontakt zu Sägewerken im europäischen Ausland, damit das Holz schnell vermarktet werden konnte. Außerdem war die unbürokratische Auslegung von europäischen Regeln wichtig. Normalerweise dürfen LKWs beispielsweise aus der Schweiz und Polen innerhalb von Deutschland nichts transportieren. Aber da die einheimischen Spediteure vollkommen überlastet waren, musste dieses sogenannte Kabotageverbot außer Kraft gesetzt werden. Die Europäische Kommission hat das innerhalb von zwei Tagen genehmigt, die Bundesregierung leider erst nach vier Wochen. Aber mit Hilfe von Friedrich Merz und anderen haben wir dann endlich Erleichterung erreicht. Gemeinsam mit dem Umweltminister Eckard Uhlenberg und dem früheren Europaminister Michael Breuer, habe ich erreicht, das Südwestfalen 66 Millionen Euro aus dem EU-Solidaritätsfonds erhalten hat. Das meiste Geld davon wurde im Hochsauerlandkreis investiert, weil wir hier auch die meisten Schäden hatten. Leider haben die Waldbauern davon nur indirekt profitiert, deshalb ist es wichtig, dass das Land NRW weiter Unterstützung gibt.
Ob Kyrill schon ein Zeichen des Klimawandels war, kann man nicht mit Sicherheit sagen. Leider müssen wir aber befürchten, dass extreme Wetterereignisse wie Stürme und auch Überschwemmungen, wie wir sie in Arnsberg leider auch in den letzten Jahren verstärkt erleben mussten, zunehmen. Viele Forscher sagen: Wir leben bereits im Klimawandel, und wenn wir uns jetzt nicht anstrengen, dann wird der volkswirtschaftliche Schaden viel größer sein als der durch die Weltwirtschaftskrise verursachte. Daher kämpfe ich auf allen Ebenen für den Klimaschutz. Unter der Leitung von Angela Merkel hat der Gipfel der Staats- und Regierungschefs hier ambitionierte Ziele gesetzt. Ich bin stolz darauf, dass ich als Autor einer Resolution im Europäischen Parlament zu der Beschlussfassung beitragen konnte. Wir wollen die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 30% senken und den Anteil erneuerbarer Energien auf 20% erhöhen. Projekte wie das Geothermie-Projekt im Schwimmbad  "NASS" in Hüsten leisten einen wichtigen Beitrag. Viele Firmen in unserer Region sind spezialisiert auf erneuerbare Energien oder Energieeffizienz. Diesen Firmen müssen wir gute Rahmenbedingungen geben.

In Arnsberg steigt in Zeiten der Wirtschaftskrise die Arbeitslosigkeit. Viele Firmen haben Kurzarbeit angemeldet, manche sind schon insolvent. Wie wollen Sie auf europäischer Ebene auf die Wirtschaftskrise reagieren?

Die Sorgen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Arnsberg und in der gesamten Region Südwestfalen beschäftigen mich sehr. Viele Menschen müssen alles daran setzen, dass die Kurzarbeit nicht in Massenarbeitslosigkeit übergeht. Ein europäisches, abgestimmtes Vorgehen bei den Konjunkturprogrammen ist dringend erforderlich. Die Bundesregierung hat mit ihrem Konjunkturprogramm einen wichtigen Beitrag geleistet, der auch europaweit anerkannt wird. Besonders erfreulich ist, dass in Nordrhein-Westfalen die Mittel fast vollständig von den Städten und Gemeinden ausgegeben werden. Die Ursache der Wirtschaftskrise liegt zum großen Teil darin begründet, dass im internationalen Finanzsystem das Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft verletzt wurde. Es herrschte völlig ungeregelte Marktwirtschaft, und dies ist meiner Ansicht – und auch der Ansicht meiner Partei nach – nicht die richtige Wirtschaftsordnung. Der Markt braucht Regeln. Das Europäische Parlament hat schon vor vielen Jahren gefordert, Finanzmärkte stärker zu kontrollieren. Erst jetzt in der Krise haben der Ministerrat und die Europäische Kommission dem zugestimmt.

Die Bevölkerung Arnsbergs wird immer älter, junge Familien ziehen weg. Wie wollen Sie auf europäischer Ebene auf den demographischen Wandel reagieren?

Arnsberg hat mit Bürgermeister Vogel und der Mehrheit im Stadtrat vorbildliche Konzepte entwickelt. Es ist sehr wichtig, die älteren Mitbürger nicht als Last anzusehen, sondern ihr Potenzial zu sehen und zu entwickeln. Bürgermeister Vogel ist in diesem Bereich Experte und weit über Arnsberg hinaus bekannt. Er ist auch Mitglied im Ausschuss der Regionen in Brüssel. Pilotprojekte können aus dem Europäischen Sozialfond unterstützt werden.

Welche Themen sind Ihnen bei der Europawahl noch wichtig und warum?

Es gibt noch hunderte von Themen, aber das Interview ist schon sehr lang. Ich lade einfach alle interessierten Bürgerinnen und Bürger der Stadt Arnsberg ein, mit mir persönlich ins Gespräch zu kommen. Die Möglichkeit besteht z.B. am 29. Mai bei einer öffentlichen Veranstaltung mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, 20:00 Uhr im Forum Kaiserhaus in Neheim. Das Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern ist mir nicht nur vor der Wahl wichtig. Nur so kann ich unsere Region wirksam vertreten.

Was möchten Sie Ihren potentiellen Wählerinnen und Wählern noch mitteilen?

In Europa gibt es viele Probleme, und ich bin im Europäischen Parlament, um an der Lösung dieser Probleme zu arbeiten. Bei all den Problemen sollte man aber den Sinn von Europa nicht vergessen. Europa ist in erster Linie eine Friedensgemeinschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Deutschland in Schutt und Asche. Es gab die "Erbfeindschaft" zu Frankreich und der Krieg zwischen beiden Ländern war der Normalzustand, und nicht die Ausnahme. Kluge Leute, wie z.B. auch der aus Neheim stammende Pfarrer Franz Stock, haben sich um Aussöhnung bemüht. Die Politik hat diese Vorschläge aufgegriffen. Der französische Außenminister Robert Schumann und der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer haben die Idee zur Europäischen Gemeinschaft gehabt. Krieg zwischen Deutschland und Frankreich sollte nicht mehr nur undenkbar, sondern auch praktisch unmöglich sein. Dieses Ziel haben wir erreicht, und das sollte man bei all den Problemen nicht vergessen. Krieg ist außerhalb Europas leider der Normalzustand, man schaue nur in den Nahen und Mittleren Osten oder auf den Balkan. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft haben wir den Krieg seit über 60 Jahren überwunden.

Wir danken Ihnen für die ausführliche Beantwortung unserer Fragen.

Schreibe einen Kommentar