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Arnsberg. Der Kultursommer Arnsberg ist in vollem Gange. Da dieses Jahr einige kulturelle Bildungsangebote leider nicht stattfinden und teilweise eingestellt werden mussten, möchte die Stadt Arnsberg aufgrund vielfacher Nachfragen über die Gründe informieren:

Wie bereits im November 2023 berichtet, beschäftigt sich die Stadt Arnsberg seit einem Jahr mit den Folgen eines Grundsatzurteils des Bundessozialgerichts, auch bekannt geworden als „Herrenberg-Urteil“. (Pressemitteilung hier nachzulesen: https://www.presse-service.de/data.aspx/static/1142588.html). Mittlerweile hat auch der Städte- und Gemeindebund NRW in einem aktuellen Schnellbrief an alle Mitgliedsstädte und -gemeinden auf diese Problematik hingewiesen.

Das Urteil befasst sich mit der Frage, ob die Beschäftigung von Honorarkräften – in diesem konkreten Fall in einer Musikschule – als unselbständiges abhängiges (sozialversicherungspflichtiges) Beschäftigungsverhältnis oder als selbstständige Tätigkeit bzw. „Freie Mitarbeit“ zu werten ist. Anhand der teilweise neu angesetzten, aber auch neu gewichteten Kriterien, welche nun als Maßstab für die Bewertung im Allgemeinen gesehen werden müssen, entschied das Gericht, dass die Arbeitsbedingungen der Honorarkraft keinen Raum für eine selbstständige Tätigkeit bieten. Das gilt insbesondere, weil kein unternehmerisches Risiko gesehen wurde. Daher sei das Arbeitsverhältnis mit dieser Honorarkraft als abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu betrachten. Damit vollzieht das Bundessozialgericht eine Kehrtwende zu einer jahrelang praktizierten Sonderrechtsprechung für Erzieher:innen, Lehrer:innen und sonstige Dozent:innen.

Dieses Urteil hat bundesweit Auswirkungen auf die rechtssichere Beschäftigung von Honorarkräften. Denn nach dieser neuen Betrachtungsweise des Bundessozialgerichts ist der überwiegende Teil, der ehemals als selbstständige Tätigkeit eingestuften Angebote – aus sozialversicherungsrechtlicher Perspektive –  nunmehr als abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu beurteilen. Zu den Beurteilungskriterien zählen unter anderem, ob die Honorarkraft ein wirtschaftliches Risiko trägt.

Alle Betriebe, zu denen auch die Stadt Arnsberg und die Volkshochschule Arnsberg-Sundern gehören, werden in regelmäßigen Abständen durch die Deutsche Rentenversicherung überprüft. Bei den Prüfungen im vergangenen Jahr wurde die Einschätzung abgegeben, dass das bisherige Angebot in seiner bekannten Form nicht mehr aufrechterhalten werden kann, da sich die Voraussetzungen für das Beschäftigungsverhältnis geändert haben.

Insbesondere betroffen sind die Kultur-, Bildungs- und Sozialbereiche, die ihre Angebote an vielen Stellen durch Honorartätigkeiten realisieren. Die Situation ist besonders schwer nachvollziehbar, da sogar die Landesförderprogramme explizit den Abschluss von Honorarverträgen vorsehen.

Die Folgen der Rechtsprechung betreffen entsprechend viele Angebote der Stadt Arnsberg. Unter anderem finden aus diesem Grund erstmals die Klassik-Meisterkurse im Arnsberger Kultursommer nicht statt; ebenso betroffen sind die Kurse in der Phantasie-Werkstatt. Auf Grundlage der bekannten Problematik wurden für die Angebote des Kultursommers und der Phantasie-Werkstatt Anträge auf Feststellung des Status bei der Clearingstelle der DRV beantragt. Bei diesem Verfahren werden Vertragsverhältnisse vorab geprüft und es wird eine vorläufige Einschätzung zum Beschäftigungsstatus getroffen. Diese Prüffälle wurden seitens der Deutschen Rentenversicherung als abhängige Beschäftigungsverhältnisse bewertet, sodass die Einbindung sogenannter „Freier Mitarbeitenden auf Honorarbasis“ in diesen Fällen nicht mehr möglich ist.

Ebenso kritisch betrachtet werden müssen einige Kurs-Angebote der Volkshochschule. „Auch wir können nicht mehr im gewohnten Ausmaß mit Honorarverträgen arbeiten und müssen seit einiger Zeit jedes Angebot daraufhin sehr sorgfältig überprüfen. Teilweise haben wir unseren Dozierenden auch konkrete Angebote zur Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis gemacht“, betont Tobias Schulte, Leiter der vhs Arnsberg-Sundern.

Erfreulich ist, dass der Jazzworkshop im Kultursommer in diesem Jahr ausnahmsweise durch festangestellten Dozierende der Musikschule Dortmund durchgeführt wird. Der Kultursommerchor ist aufgrund eines besonderen ehrenamtlichen Engagements ermöglicht worden, was auch für andere Angebote ein Beispiel sein kann. „Diese Situation ist für uns alles andere als einfach. Wir haben viel Zeit darauf verwendet, gute und rechtsichere Lösungen anbieten zu können. Dass uns das nicht in jedem Fall gelingen kann, schmerzt uns, da wir langjährige vertrauensvolle Kooperationen ‚aufkündigen müssen‘. Und genauso kann ich die Enttäuschung der Menschen, die sich auf bestimmte Angebote gefreut haben, gut verstehen. Jedoch sind wir an die derzeit eng gesteckten rechtlichen Rahmenbedingungen gebunden“, so Kirsten Minkel.

Die aktuelle Situation bedeutet zusammengefasst: Das sog. „Herrenberg-Urteil“ hat für viele Angebote in der kulturellen Bildung extreme Auswirkungen, auch für die Stadt Arnsberg. Die regelmäßigen Überprüfungen der Deutschen Rentenversicherung haben an vielen Stellen zu der Einschätzung geführt, vertraute Angebote nicht mehr in ihrer bewährten – und geschätzten – Form anbieten zu können. Es gilt es auch weiterhin, alle Vertragsgestaltungen und Arbeitsverhältnisse sorgfältig zu prüfen und rechtssichere Lösungen zu finden. Allerdings weist der Städte- und Gemeindebund im Ergebnis darauf hin, dass es derzeit nicht in allen Fällen eine rechtssichere Möglichkeit gebe, durch entsprechende vertragliche Gestaltung den Konsequenzen aus dem Urteil aus dem Wege zu gehen. Auch alternative Lösungen können nur einvernehmlich umgesetzt werden: Wenn Dozent:innen keine alternative rechtsichere Lösung mitgehen möchten, können diese Angebote nicht mehr stattfinden. Dies betont auch der Städte- und Gemeindebund. 

Die Stadt Arnsberg bittet um Verständnis für dieses Vorgehen, das derzeit aus rechtlichen Gründen unumgänglich ist.

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