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Arnsberg/Hochsauerlandkreis. „Was haben Sie gesagt? Ich habe Sie nicht verstanden!“ oder „Mama, warum spricht der Mann so komisch?“ Diese Fragen hat Andre B. schon oft gehört, denn er ist einer von ca. 800.000 Menschen in Deutschland, die stottern.

Jeder kennt das, man verspricht sich, verdreht Worte oder gerät ins Stocken, doch zur  Diagnose „Stottern“ gehört schon mehr als gelegentliche Versprecher. Von Stottern spricht man, wenn typische Symptome wie z. B. rasche Wiederholungen von Lauten, Silben oder Wörtern oder Verlängerungen von Lauten in einem erheblichen Ausmaß vorhanden sind und zu einer deutlichen Unterbrechung des Sprachflusses führen sowie mindestens drei Monate andauern.

Aber auch das Vermeiden von Wörtern oder Situationen ist typisch für Betroffene. So kann schon der Besuch beim Bäcker eine große Belastung darstellen. Die Angst vor dem Stottern, Scham und Minderwertigkeitsgefühle erwecken oft den Wunsch, das Sprechen zu vermeiden. So kann unter Umständen das ganze, alltägliche Leben von der Sprachstörung beherrscht werden und Freunde und Freizeitaktivitäten werden nicht nach den tatsächlichen Wünschen gewählt, sondern danach, wenig sprechen zu müssen. Negative Reaktionen der Mitmenschen wie Spott oder Ablehnung aber auch Mitleid und Verlegenheit können noch dazu beitragen, dass sich stotternde Menschen zurückziehen.

Und genau das möchte Andre B. nicht. Er hat sich für eine Sprachtherapie entschieden, um sein Stottern besser in den Griff zu bekommen. Stottern beginnt immer vor dem 12. Lebensjahr, bei 90 % der Betroffenen sogar schon vor dem 6. Lebensjahr. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen und Menschen mit neurologischen Erkrankungen wie beispielsweise Epilepsie sind anfälliger. Ein Großteil der Kinder verliert die Sprachstörung allerdings bis zur Pubertät wieder. Allgemein gilt, je früher eine qualifizierte Behandlung erfolgt, umso aussichtsreicher ist der Erfolg.

In der Sprachtherapie muss sich Andre B. mit seinem Stottern auseinandersetzen und lernt unter anderem Techniken, um das Stottern zu verändern. Gleichzeitig wird daran gearbeitet, das Stottern nicht zu unterdrücken. Zur Zeit übt er beispielsweise einen weicheren Einsatz seiner Wortanfänge. Dabei finden einige Übungen auch in seiner alltäglichen Umgebung statt und es kommt vor, dass er mit seiner Therapeutin Geschäfte oder ein Cafe aufsucht.

Um in Kontakt mit anderen Betroffenen zu kommen und sich austauschen zu können, möchte Andre B. nun gerne eine Selbsthilfegruppe gründen. Unterstützt wird er hierbei von seiner Therapeutin und der AKIS im HSK – der Arnsberger Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen im Hochsauerlandkreis.

Von einer Selbsthilfegruppe erhofft sich Andre B. neben dem fachlichen Erfahrungsaustausch und der Möglichkeit, erlernte Techniken zu vergleichen und ggf. zu üben, vielleicht auch gemeinsame Freizeitaktivitäten zu planen. Deshalb sucht er nun Gleichbetroffene, die auch Interesse an regelmäßigen Treffen haben.

Abschließend hat er noch eine Bitte für Gespräche mit stotternden Menschen: „Verhalten Sie sich ganz normal und halten Sie Blickkontakt, lassen Sie die stotternde Person ausreden und ergänzen Sie keine Wörter, denn das wirkt demütigend. Verkneifen Sie sich gutes Zureden wie „nur ruhig“  oder „hol tief Luft“, das hilft nämlich nicht. Ein gelassenes Zuhören kann die Situation aber entspannen, man muss dafür nur etwas mehr Zeit aufbringen.“

Interessierte an einer Stotterer-Selbsthilfegruppe können sich bei der AKIS im HSK – Arnsberger Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen unter der Telefonnummer 02931 9638-105 oder per Email unter [email protected] informieren und anmelden.

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