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azubi einzelhandel arnsbergArnsberg. Im Zuge des demografischen Wandels werden ältere Menschen immer stärker den öffentlichen Raum prägen. Als Kundinnen und Kunden stellen sie neue Anforderungen an den Einzelhandel. Immer häufiger sind auch Menschen mit Demenz als Kunden in den Geschäften. 

Wie reagieren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise, wenn eine Kundin in der Bäckerei bereits zum dritten Mal am Tag zwei Laib Brot einkaufen möchte, oder wenn ein verwirrt wirkender Kunde das Geld in seinen vielen Taschen finden kann und dadurch immer hektischer wird?
Um den Einzelhandel in Arnsberg auf die älter werdende Kundschaft vorzubereiten, haben sich das Demenz-Servicezentrum Region Südwestfalen und die Fachstelle Zukunft Alter der Stadt Arnsberg zusammengetan. Gemeinsam haben sie bereits 100 Bäckerei-, Konditorei- und Fleischereifachverkäuferinnen in der Ausbildung zum Thema Demenz geschult.
Den Stein ins Rollen brachte dabei eine Auszubildende zur Bäckerei-Fachverkäuferin: “Ist das Thema “Demenz” nicht für alle Auszubildenden, die Bäckerei- oder KonditoreifachverkäuferInnen erlernen, wichtig?”, fragte sie, nachdem sie an einer Schulung zum Thema in einer Bäckerei teilgenommen hatte. “Sollte es nicht bereits in der Berufsschule aufgegriffen werden?”
Martin Polenz von der Fachstelle Zukunft Alter, Werner Roland, Schulleiter des Berufskollegs am Eichholz, und Henrike Gethmann (Leiterin der Abteilung Nahrungsgewerbe) nahmen diese Idee sofort auf und planten fünf Schulungstermine für sämtliche Auszubildende der Bereiche Bäckerei-, Konditorei-, und Fleischereifachverkauf. Die Schulungen wurden durchgeführt von Birgitt Braun vom Demenz-Servicezentrum Region Südwestfalen und Manuela Völkel von der Fachstelle Zukunft Alter der Stadt Arnsberg. Sie schulten die Auszubildenden aus allen drei Ausbildungsjahrgängen von Februar bis Mai 2013.
In den Schulungen wurde schnell deutlich: Die Auszubildenden erleben im Beruf tagtäglich Situationen mit Menschen mit Demenz. Situationen, die nicht immer so einfach zu bewältigen sind, sagt eine Auszubildende in der Schulung: “Da nimmt zum Beispiel eine alte Dame ihre zwei Stück Torte entgegen und verlässt unser Geschäft, ohne zu bezahlen. Wie reagiere ich da angemessen?”

In den Schulungen durchdenken die Schülerinnen und Schüler konkrete Beispiele aus ihrem Arbeitsalltag und suchen gemeinsam nach ganz pragmatischen Lösungen: die Tochter, die einmal in der Woche die Rechnung der Mutter in der Konditorei bezahlt, das beiläufige Gespräch über das Wetter, um abzulenken oder den Einkauf von nur einem Stuten zu ermöglichen, da die anderen bereits vorbestellt seien.
Die Schulungen setzen sich u.a. mit dem richtigen Blick für den Kunden auseinander. Wie lassen sich Anzeichen von Demenz erkennen und welche Verhaltens- und Kommunikationsstrategien können im Umgang eingesetzt werden?
Dass es für diese Fragestellungen keine Patentrezepte gibt, wird schnell klar. Stattdessen ist Kreativität gefragt in der täglichen Begegnung. “Es sind keine Ausnahmesituationen, sondern Alltag”, so Birgitt Braun vom Demenz-Servicezentrum “und wieder haben wir mit dieser Schulung einen kleinen Schritt in die Richtung gemacht, Teilhabe von Menschen mit Demenz im Dorf, in der Stadt und im Quartier zu verbessern bzw. zu ermöglichen”.
Denn das ist das Ziel der Schulung von Berufsgruppen, die nicht direkt mit der Versorgung und Begleitung von Menschen mit Demenz beschäftigt sind: Menschen mit Demenz zu ermöglichen, so lange wie möglich selbständig und autonom am Leben teilzunehmen und zu Hause wohnen bleiben zu können. Auch wenn sie alleinstehend sind und die Kinder beispielsweise weiter weg wohnen.

(Foto: Stadt Arnsberg)

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